Oliver Schuegraf, Vorsitzender der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft, zum Canon Theologian der Kathedrale von Coventry berufen

Der Vorsitzender der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft, Oberkirchenrat Dr. Oliver Schuegraf, hat die Einladung des Bischofs von Coventry angenommen, zum Canon Theologian der Kathedrale von Coventry berufen zu werden. Er ist Vorsitzender der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft und Mitglied im internationalen Nagelkreuzvorstand. Beruflich engagiert sich u.a. für die anglikanisch-lutherischen Beziehungen auf internationaler und lokaler Ebene.

Der Bischof von Coventry führte Oliver Schuegraf am 25. Mai 2023, dem Kirchweihtag der Kathedrale, in sein neues Amt ein. Feierlicher Rahmen war ein Abendgottesdienst (Evensong), der während einer internationalen Konferenz der Nagelkreuzgemeinschaft stattfand.

Als einer von zukünftig vier Canons Theologian der Kathedrale ist Oliver Schuegraf eingeladen, am Dienst der Kathedrale teilzunehmen. Insbesondere wird er Verantwortung übernehmen, den Dienst der Versöhnung und damit die drei internationalen Prioritäten der Nagelkreuzgemeinschaft zu fördern: die Wunden der Geschichte heilen; mit Unterschieden leben lernen und Vielfalt feiern; eine Kultur der Gerechtigkeit und des Friedens schaffen. Zudem bringt das Ehrenamt ein Anrecht auf einen festen Platz im Chorgestühl der Kathedrale mit sich.

Der Bischof von Coventry, The Right Revd Dr. Christopher Cocksworth, sagt zu der Berufung: „Oliver Schuegraf war mir über die Jahre eine große Unterstützung und Inspiration. Ich habe viel von seinem ausgezeichneten Buch über das Nagelkreuz Gebrauch gemacht. Ich habe von seinem Verständnis von Versöhnung gelernt, insbesondere von der Versöhnung unserer beiden Länder.”

Auch der Dean der Kathedrale, The Very Revd. John Witcombe, freut sich sehr über die Berufung: „Olivers Arbeit für die Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland und auf der ganzen Welt ist für den Dienst der Versöhnung, der aus unserer Geschichte der Zerstörung und des anschließenden Wiederaufbaus von Gebäuden und Beziehungen erwächst, von großer Bedeutung. Er hat überall, wo er war, Weisheit und Inspiration eingebracht. Wir sind unendlich dankbar für die Erfahrung, die er aus seiner Arbeit als Oberkirchenrat für ökumenische und theologische Grundsatzfragen beim Deutschen Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes mitbringt: eine sehr glückliche Verbindung, für die Oliver aufgrund seiner tiefen Kenntnis über und Sympathie für die Kirche im Vereinigten Königreich, ganz besonders für Coventry, und in Deutschland bestens qualifiziert ist.”

Der Vorstand und der Leitungskreis der Deutschen Nagelkreuzgemeinschaft gratuliert Oliver Schuegraf zur Berufung und der damit verbundenen Würdigung seiner Arbeit sowie seines Engagements in der deutschen und internationalen Nagelkreuzgemeinschaft und Versöhnungsarbeit!

Neue Versöhnungsglocke für St. Nikolai, Cottbus

Das Nagelkreuzzentrum St. Nikolai hat eine neue Glocke. Am Nikolaustag 2022 wurde die neue Gebetsglocke der Gemeinde als „Nagelkreuzglocke“ geweiht. Das Nagelkreuz ist darauf in allen vier Himmelsrichtungen zu sehen und die Versöhnungsbitte auf Englisch, Deutsch, Polnisch und Wendisch zu lesen. In seiner Predigt zur Glockenweihe stellt Pfr. Dr. Uwe Weise die neue Glocke vor:

Liebe Gemeinde, wir haben eben unsere Glocken gehört – die Alten und die Neuen – erst einzeln und dann zusammen. … Wenn wir selbst nicht mehr beten können – weil wir es nicht gelernt haben, weil wir es vergessen haben, weil es uns suspekt geworden ist – dann beten diese Glocken, wenn sie läuten, immer noch für uns, stellvertretend, ob uns das gefällt oder nicht. Denn immer, wenn zu den Tageszeiten oder zum Gebet die Glocke III – unsere „Versöhnungsglocke“ – läutet, betet auf ihr das Gebet mit, das wir vorhin gemeinsam als Versöhnungslitanei von Coventry gebetet haben. … Da heißt es mit einem Wort des Apostels Paulus, geschrieben an die Gemeinde in Rom: „Alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten.“ (Röm 3, 23)

Alle, liebe Gemeinde, wirklich alle, παντα (griech.), haben gesündigt – keiner kann sich ausnehmen – auch nicht der konditionsstärkste Versöhnungschrist, nicht der engagierteste Weltverbesserer, und schon gar nicht der klügste Allesversteher. „Alle haben gesündigt …“ und weil dieses Sündersein sich im Alltag ganz konkret auswächst, werden in gebundener Sprache quasi als sieben Kardinalsünden ganz konkrete Beispiele genannt – jede in einer Vergebungsbitte ausgeführt: Hass, Ausbeutung, Besitzgier, Neid, Kälte, Missbrauch, Hochmut – Alle haben gesündigt – auf die eine oder andere Weise und mit noch viel mehr Varianten als die sieben Beispiele andeuten. „Alle haben gesündigt …“, alle. Es gibt also nicht die Guten und die Bösen, nicht die Richtigen und die Falschen, nicht die Besseren und die Schlechteren. Es gibt immer nur – Menschen, Geschöpfe Gottes, die sich darin gleichen: „Alle haben gesündigt …“ Als Sünder sind wir menschlich und lassen wir uns nicht spalten, liebe Gemeinde. Das sagt uns dieses Gebet, diese Litanei, die in Zukunft mehrmals täglich vom Turm der Oberkirche für diese Stadt uns geläutet wird. …

Wir leben in einer Zeit, wo es wichtiger erscheint Recht zu haben, also richtig zu liegen, auf der richtigen Seite zu stehen. Dabei vergessen wir aber sehr schnell, dass das Richtigste ganz schnell zum Falschen werden kann. Und wenn man das nicht merkt und korrigiert, wird das einst Richtige, was zum Falschen geworden ist zu Terror.

Mit der Grundeinsicht aber „Alle haben gesündigt …“ – suche ich nicht, immer recht zu haben oder der Beste zu sein; mit dieser Grundeinsicht weiß ist, dass ich in allem Tun und Lassen mir meiner tiefen Vergebungsbedürftigkeit bewusst sein muss: „Vater, vergib!“ „Father, forgive!“ „Wóśce, wódaj nam!“ „Panie, przebacz nam!“ So steht es geschrieben auf unserer Versöhnungsglocke in die vier Himmelsrichtungen in Deutsch, Englisch, Wendisch und Polnisch. Vergebung, wie sie uns historisch nötig wurde und heute zwischenmenschlich konkret wird. Vergebungs-bedürftigkeit vielen gegenüber, aber auch anderer mir gegenüber. Das ist die tiefe Dimension unseres Lebens. Und sie gelingt nur, wenn wir dann auch noch den Schlussvers des Gebetes nicht vergessen. Wir – liebe Gemeinde – versinken ja nicht nur in unserer Vergebungsbedürftigkeit, wir werden von Gott gerade darin aufgerichtet, damit wir unserem gegenüber wieder frei in Angesicht schauen können – frei als Sünder und Versöhnter: So heißt es da im Brief an die Epheser: „Seid untereinander freundlich, herzlich und vergebet einer dem anderen, wie Gott euch vergeben hat in Jesus Christus.“ (Eph 4, 32) …

Ein versöhntes Miteinander schließt das Wissen um das Sündersein mit ein – nur so bleibt die Bitte „Vater, vergib!“ nicht einseitig, leer und hohl. … Immer wenn diese Glocke läuten wird, werden wir daran erinnert und werden auf den Grund unserer Lebenstatsache gestellt: Das wir allein aus Gottes Vergebung leben. Wenn Glocke III täglich – früh, mittags und abends und zu anderen Anlässen – läutet wird, dann ruft sie uns Sünder – uns alle – in diese Versöhnungsarbeit, zur Versöhnung mit Gott und zur Versöhnung mit Menschen. Wir wollen dieser Arbeit gern dienen. Amen.