Nachrichten der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e. V..

Das Kreuz mit der Versöhnung

16.Versöhnungstag der Nagelkreuz Region Berlin-Brandenburg am Samstag, 16. November 2024 (10-15 Uhr)  

Liebe Schwester und Brüder in den Nagelkreuzzentren im Raum EKBO,

herzlich bitten wir Euch, in den Kalendern schon einmal das Datum unseres nächsten Versöhnungstages festzuhalten: Wir treffen uns wieder am Samstag, dem 16. November 2024.

Wir beginnen um 10 Uhr, mit einer Andacht, diesmal in der Kapelle der Versöhnung (Bernauer Straße 4, in 10115 Berlin). Wir laden Euch ein in die Evangelische Versöhnungsgemeinde Berlin-Wedding. Hintergrund ist die Verleihung des Nagelkreuzes in der Kapelle der Versöhnung vor 25 Jahren. Damals, im Jahre 1999, war Paul Oestreicher zu uns an die einst durch die Mauer geteilte Straße gekommen, zu der gerade erst aus Lehm und aus dem Schutt der zerstörten Versöhnungskirche errichteten, neuen Kapelle. Hier im Foto ist Paul Oestreicher noch an der Ausgrabungs-Baustelle zu sehen, in der Hand hält er das Modell der Skulptur „Reconciliation“, der britischen Künstlerin Josefina da Vasconcellos.

Nach dem Beginn in der Kapelle der Versöhnung gehen wir über die Bernauer Straße hinüber zu unserem Tagungssaal, der sich im Besucherzentrum der Stiftung Berliner Mauer befindet (in der ersten Etage). (Anschrift: Bernauer Straße 119, 13355 Berlin). In der Vorbereitung wählten wir das Motto „Das Kreuz mit der Versöhnung“ – aufgrund der uns bewegenden verwirrenden kriegerischen Ereignisse, vor allem in der Ukraine, Israel und Palästina. Sichtweisen auf die Versöhnungsarbeit angesichts dieser unversöhnlichen Konflikte wollen wir bedenken und ermutigende Ansätze stärken. Dazu gibt es von 11 – 12 Uhr vorbereitete kurze Impuls-Referate, und anschließend ein Podium.

Wir sind gespannt auf den Tag des Austausches mit seinen Impulsen und Sichtweisen auf die Versöhnungsarbeit, die aktuell so außerhalb jeglicher Diskussion ist – weil die Frage der Waffenlieferungen und der weiteren nuklearen Hochrüstung so im Vordergrund steht.  Nicht zuletzt wird es auch Zeit geben für eine Exkursion über den Erinnerungsort Bernauer Straße, von seinen kirchlichen Arbeitsfeldern hergesehen. Wir freuen uns, wenn Ihr am 16. November bei uns zu Gast sein könnt – bringt gern Interessierte mit!

Herzlich grüßt Thomas Jeutner

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Pfarrer Thomas Jeutner; 0178-1870 219

Gemeinde: Bernauer Str. 111, D-13355 Berlin; Tel. 49(030)-463 60 34

Kapelle: Bernauer Straße 4, (Einmündung Hussitenstr.); D-10115 Berlin

www.versoehnungskapelle.de

Dekan John Witcombe: Ein Besuch der St.-Pauls-Kathedrale, Odessa

Foto: Igor Nazarenko

John Witcombe, Dekan von Coventry, hat vom 4. bis 6. Juli 2024 die St.-Pauls-Kathedrale in Odessa/Ukraine besucht, ebenfalls ein Nagelkreuzzentrum. In einer bemerkenswerten Predigt im Sonntagsgottesdienst am 14. Juli 2024 in der Kathedrale von Coventry hat er über den Besuch berichtet und reflektiert. Wir haben den Text für Sie übersetzt und dokumentiert.

Kürzlich war ich zu einer Reise in die Ukraine eingeladen, um die lutherische St.-Pauls-Kathedrale in Odessa, eines unserer Nagelkreuzzentren, zu besuchen. Ich war schon einmal dort, nämlich 2013. Das war mein erstes Jahr als Dekan an der Kathedrale von Coventry, und zugleich das Jahr, in dem die St.-Pauls-Kathedrale Mitglied der Nagelkreuzgemeinschaft wurde. Seinerzeit ging es vor allem um die Anerkennung einer Kirche, die nach dem Ende der Sowjet-Ära renoviert und für Gottesdienste wiedereröffnet worden war. In Wahrheit war mir nicht wirklich klar, welche Bedeutung ihr Beitritt zur Nagelkreuzgemeinschaft haben würde. Aber schon kurz darauf, parallel zur russischen Annexion der Krim im Jahr 2014, brachen in der Ukraine zivile Unruhen aus. Wie wir erfuhren, trugen Gemeindemitglieder der St.-Pauls-Kathedrale das Nagelkreuz an Straßenecken. Um das Kreuz herum versammelten sich Christen vieler verschiedener Kirchen, um für Frieden zu beten.

Das war, bevor im Februar 2022 die Invasion in vollem Umfang begann. Der neue Pastor der Kirche, Alexander Gross, hatte mich gebeten, die Kirche anlässlich ihres 170-jährigen Bestehens schon im letzten Sommer zu besuchen. Das war letztlich nicht möglich. In diesem Sommer erneuerte Arne Bölt die Einladung. Ich hatte ihn zuvor schon in Rostock getroffen, wo er im Nagelkreuzzentrum Ev. Innenstadtgemeinde mitarbeitet. Er ist außerdem Mitglied des Leitungskreises der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft und verbrachte im Rahmen eines Sabbaticals einige Monate in Odessa. Die deutsche Nagelkreuzgemeinschaft hatte die Installation eines Sockels und eines Kunstwerks für das Nagelkreuz in der Kirche unterstützt. Ich war gebeten worden, die Installation zu segnen und ein wenig Zeit mit der Kirche und der Bürgergemeinde zu verbringen.

Anmerkung der Redaktion: Einen Bericht von Arne Bölt über seine Zeit in Odessa und das Kunstwerk finden Sie hier.

„Manchmal besteht unsere Aufgabe als Friedensstifter einfach darin, zu kommen, Solidarität zu zeigen und Zeugnis abzulegen“

Foto: Igor Nazarenko

Es stellte sich heraus, dass es genau der richtige Zeitpunkt für einen Besuch war. Manchmal passieren solche Dinge einfach. Die beiden Töchter von Pastor Gross waren von ihrem Studium in Amerika zurück und konnten übersetzen, und die ganze Familie reiste am nächsten Tag zu einem Jugendlager in die Tschechische Republik. Arne konnte mich vom Flughafen in Moldawien abholen und mich über die Grenze nach Odessa bringen. Mehrere Mitglieder der örtlichen christlichen und zivilen Gemeinschaft waren bei meinem Vortrag anwesend. Am nächsten Tag kam es erneut zu russischen Angriffen im ganzen Land.

Manchmal besteht unsere Aufgabe als Friedensstifter einfach darin, zu kommen, Solidarität zu zeigen und Zeugnis abzulegen. Ich kann zwei Dinge bezeugen:

Erstens, dass das Leben in Odessa auf eine Weise weitergeht, die ganz normal zu sein scheint. Jemand dort sagte: „Wir verbringen nicht unsere ganze Zeit damit, uns einen Weg durch Bombenkrater zu bahnen.“ Wir saßen an einem Sommerabend im Freien und gingen auf der schönen, von Bäumen gesäumten Promenade oberhalb des Hafens spazieren, wir hörten den Straßenmusikern zu und genossen die Atmosphäre.

Zweitens, dass darunter eine ständige existenzielle Bedrohung durch Angriffe liegt und dass an meinem zweiten Abend Sirenen und Explosionsgeräusche in nicht allzu weiter Entfernung meinen Schlaf nahezu unmöglich machten.

„Ich bin kein Held“

Mitten in meinem Vortrag über die Arbeit von Coventry im Bereich Frieden und Versöhnung am Freitagmorgen wurde ich von Vladimir, einem der Organisatoren, unterbrochen. Er teilte mit, dass ein Raketenangriff angekündigt worden sei, und fragte, ob ich in den Luftschutzkeller gehen wolle. Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Deshalb fragte ich die anderen, was sie tun würden. „Wir würden einfach hier bleiben“, sagten sie, aber ich müsse selbst entscheiden. Ich sagte, dass ich ebenfalls bleibe. Später, beim Mittagessen, wurde mir klar, wie viel meinen das meinen Gastgebern bedeutete. „Wir müssen hier bleiben“, sagten sie. „Das ist unsere Heimat, hier sind unsere Familien zu Hause. Du müsstest nicht hier sein, trotzdem hast du dich entschieden zu kommen. Das bedeutet uns sehr viel.“

Foto: Igor Nazarenko

Ich bin kein Held. Ich fühlte mich nicht besonders unsicher, als ich in die Ukraine reiste. Ich hatte meinen Gastgeber Arne und Lesya, meine Kontaktperson in Coventry, gefragt, ob es unvernünftig sei, in ein Kriegsgebiet zu fliegen. Auf der Website der Regierung ist es als rote Zone gekennzeichnet, in die man nicht reisen sollte. Aber man hatte mir gesagt, es sei in Ordnung. Und alles, was wir tun, hat ein Risiko. Also treffen wir unsere Entscheidungen auf der Grundlage dessen, was das Richtige ist, und im Gespräch mit den Menschen, die uns am nächsten stehen. Meine Frau Ricarda sagte: „Natürlich musst du hinfahren. Wozu ist die Nagelkreuzgemeinschaft da, wenn nicht, um einer Bitte nachzukommen, bei denen zu sein, die in einen Konflikt verwickelt sind?“

Also flog ich hin, um Zeugnis abzulegen, um bei ihnen zu sein und um ihre Geschichte nach Coventry zu bringen. Aber ich bin auch nach Odessa gereist, um von Coventry Zeugnis abzulegen, von unserer Geschichte, für sie. Was haben wir aus unserer Geschichte zu sagen? Wir haben zwei Dinge zu sagen:

„Wir kämpfen gegen das Böse und müssen uns gegen einen Angreifer verteidigen“

Das eine ist die existentielle Realität, dass Gottes Wille die Versöhnung aller Dinge ist. Es ist die Realität, die Propst Howard, der Leiter der Kathedrale, als sie bombardiert wurde, mit seinen Worten am Weihnachtstag 1940 bezeugte: „Wir versuchen, so schwer es auch sein mag, alle Gedanken an Rache zu verbannen… Wir werden versuchen, eine gütigere, einfachere, Christuskind-ähnlichere Welt in den Tagen nach diesem Konflikt zu schaffen.“ Doch in diesem Zusammenhang einfach von Versöhnung zu sprechen, kann – wie 1938 Chamberlains Aufruf zum Appeasement – wie eine Forderung wirken, dem Aggressor nachzugeben. Und viele in der Ukraine haben das Gefühl oder befürchten, dass der Westen genau das von ihnen verlangt.

Deshalb müssen wir uns auch an das andere erinnern, was Propst Howard in derselben Radiosendung sagte: „Wir rüsten uns, um die gewaltige Aufgabe, die Welt vor Tyrannei und Grausamkeit zu retten, zu Ende zu bringen… wir sind in tapferer Stimmung und können dem Empire ein tapferes Weihnachtsfest wünschen.“ Als ich für diese Predigt recherchierte, fiel mir auf, dass ich diese Zeilen normalerweise aus meinen Vorträgen entfernt habe. Tatsächlich stehen sie im selben Absatz wie seine Ablehnung der Rache. Die Sache ist die: Zwar sprechen wir von der größeren Hoffnung auf Versöhnung und halten an ihr als unserem Endziel fest. Aber wir kämpfen vielleicht gerade jetzt gegen das Böse, kämpfen wirklich, müssen uns gegen einen Angreifer verteidigen – auch wenn wir an der letzten Hoffnung auf Frieden festhalten.

Es war wirklich wichtig, dies in der Ukraine zu sagen. Nicht immer, wenn wir es wollen, können wir Versöhnung erreichen. Meine Gastgeber in Odessa sagten mir, meine schönen Worte – sich um einen Tisch zu versammeln, mutig unsere Unterschiede zu erforschen, Kunst zu nutzen, um uns zusammenzubringen – wären vor 2014, als Russland auf der Krim einmarschierte, vielleicht gut gewesen. Aber jetzt sei etwas anderes gefragt: Frieden mit Gerechtigkeit. Wir können nur mit denjenigen einen wirklichen Dialog führen, die bereit sind, die Wahrheit anzuerkennen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.

Auferstehung, Versöhnung und Verantworung: „Eine Kultur des Friedens und der Gerechtigkeit schaffen“

„Resurrection“ und „Reconciliation“, Auferstehung und Versöhnung, sind die beiden Schlüsselbegriffe von Coventry. Einer meiner Gastgeber sagte zu mir: „Ich habe ein drittes ‚R‘ für dich: ‚Responsibility‘, Verantwortung.“ Damit traf er einen wichtigen Punkt: Auferstehung, Versöhnung und Verantwortung werden uns helfen, auf dem Weg zu einem gerechten Frieden voranzukommen. So lautet inzwischen auch der dritte Leitsatz unserer Nagelkreuzgemeinschaft: „Building a culture of peace an justice“ – „eine Kultur des Friedens und der Gerechtigkeit schaffen“.

Autor: John Witcombe, Hochwürdiger Dekan von Coventry

 

Region „Mitte“ hat sich in der Weimarer Herderkirche getroffen

Foto: Tabea Kormeier

Bei herrlichem Sonnenschein trafen sich am 9. März 2024 die Vertreter:innen der Nagelkreuzzentren und Einzelmitglieder der Region Mitte in Weimar. Es war bereits das 10. Treffen. Besonders erfreulich: Die Zahl der Teilnehmer:innen wächst! Dieses Jahr waren es Vertreter:innen aus 11 von 16 Zentren der Region. Die ausgebliebenen Zentren hatten im Vorfeld die Möglichkeit erhalten, schriftlich von ihrer Arbeit zu berichten und so ebenfalls „anwesend“ zu sein. Auch Informationen von der Vorstandsarbeit des Vereins fanden auf diese Weise ihren Weg zu den Teilnehmer:innen.

Die Zusammenkunft begann mit einer Andacht am Nagelkreuz in der Herderkirche, die von Pfarrer Sebastian Kircheis gestaltet wurde. Im Anschluss führte Superintendent Heinrich Herbst unter dem Leitgedanken „Narben und Wunden aus der Vergangenheit“ durch die Kirche. Manche Verletzungen, wie etwa abgeschlagene Köpfe, bleiben bestehen, erzählen aber trotzdem ihre Geschichte. Andere Narben konnten geheilt werden, zum Beispiel eine beschädigte Bibel.

Im nahe gelegenen Herderzentrum lernten sich die Anwesenden näher kennen, insbesondere indem sie von der Arbeit in ihren Zentren berichteten. So fanden sich auch Ansprechpartner:innen für die Vernetzung und Zusammenarbeit bei konkreten Themen. Deutlich wurde auch der Wunsch nach einem Wandernagelkreuz: Immer mehr Zentren arbeiten in ökumenischer Besetzung oder bringen das Nagelkreuz und seine Intentionen vermehrt in den öffentlichen Raum. Schwerpunkte der an allen Orten regelmäßig gehaltenen Gebete sind vor allem die aktuellen Kriege und die anstehenden Wahlen mit dem befürchteten Rechtsruck.

Foto: Teresa Tenbergen

Passend dazu war das Thema des Vortrages nach dem Mittagessen gewählt. Dr. Sebastian Kranich, Direktor der Ev. Akademie Thüringen, sprach zu „Miteinander reden? Erfahrungen und Reflexionen von Toleranz und ‚klarer Kante‘“. Nach einer anfänglichen biografischen Selbstverortung setzte Kranich vier Schwerpunkte: Die Frage, was überhaupt Versöhnung sei. Was es heißt, miteinander zu reden. Was mit „klarer Kante“ sei. Und schließlich ein Rückgriff auf Bonhoeffer und seine Rechenschaft nach zehn Jahren Nationalsozialismus in Deutschland.

Während der durch Paulus geprägte Gedanke des Bedarfs eines Gesandten zur Vermittlung zwischen unterschiedlichen Positionen in der anschließenden Diskussion weniger eine Rolle spielte, zeigten Gedanken zum Setting eines Dialogs rege Resonanz. Neben der grundlegenden Bereitschaft und Fähigkeit, einander zuzuhören und verstehen zu wollen, ist es erforderlich, genau hinzuhören. Denn Hass macht ungenau, führt zu Verallgemeinerungen und unberechtigter Ablehnung. Weiter blieb der Gedanke hängen, dass es für die Bereitschaft der Selbsthinterfragung und Öffnung der eigenen Position wichtig ist, in einem kleinen Rahmen zu sprechen. In großen Versammlungen neigen die Teilnehmenden stärker dazu, sich selbst zu behaupten und die eigene Position wirksam dazustellen.

Möglicherweise gilt hier das Wort Jesu von der Versammlung von zwei oder drei in einen ganz anderen Kontext: Jesus ist ebenfalls Vorbild und Maßstab für einerseits das Verstehen und andererseits das „klare-Kante-Zeigen“, wenn er beispielsweise die Händler aus dem Tempel wirft. Diesen Weg schlägt, so die Befürchtung mancher Teilnehmer, gerade die Kirche ein, wenn sie rechtsorientierten Parteien den Zugang zu Podien verwehrt, weil diese eben kirchen- und auch demokratiefeindlich sind. Schließlich nutzte der Referent Gedanken von Bonhoeffer, um den eigenen Standort und das eigene Nicht-/Handeln kritisch zu reflektieren. Die anschließende Diskussion vertiefte die Überlegungen und nutzte dabei den kleinen Rahmen zu einem offenen Austausch der Gedanken.

Nach einem Kaffee gab es schließlich noch eine Stadtführung, bei der allerdings schon manche Teilnehmer:innen „verloren“ gingen. Das Gruppenfoto ist deshalb nicht mehr ganz vollzählig ist. Aber, vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr – sicher mit noch mehr Teilnehmer:innen! Die Region hat bereits eine Einladung der Nagelkreuzbewerber aus Chemnitz angenommen und sich für den 8. März 2025 dort verabredet. Gern dürfen Sie sich diesen Termin bereits notieren.

Autorin: Tabea Kormeier

 

25 Jahre Nagelkreuz für die Militärseelsorge: Feierlicher Konvent in Strausberg

Foto: Azayan

Das Evangelische Militärdekanat Mitte erneuerte während seines Gesamtkonvents im Februar 2024 in Strausberg bei Berlin seine Mitgliedschaft in der Nagelkreuzgemeinschaft. Anlass war die Verleihung des Nagelkreuzes an den damaligen „Beauftragten für die Seelsorge an Soldaten in den neuen Bundesländern“ vor 25 Jahren.

Damals, am 12. Februar 1999, hatte nicht nur die Dresdner Frauenkirche ihr bekanntes Turmkreuz aus Coventry erhalten. Am gleichen Tag überreichte der seinerzeitige Dekan der Kathedrale John Petty auch ein Nagelkreuz an Dr. Werner Krätschell. Dieser hatte auf Bitte des damaligen Bischofs der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, 1997 den Aufbau der Militärseelsorge in den „neuen Bundesländern“ übernommen.

Zwar ist das Amt des „Beauftragten“ längst abgeschafft und die evangelische Seelsorge für die Soldatinnen und Soldaten wird seit 2004 auch in den östlichen Bundesländern von der Evangelischen Kirche in Deutschland wahrgenommen. Das Nagelkreuz gibt es allerdings noch immer. Es hat seine Heimat inzwischen beim Evangelischen Militärdekanat Mitte in Berlin. Es wandert durch die Pfarrämter des Dekanatsbereichs, wo es die Gottesdienste und Andachten bereichert. Auch bei zwei Auslandseinsätzen in Afghanistan und im Kosovo war es mit dabei.

Foto: Azayan

Schon bevor Krätschell das Kreuz in Coventry erhielt, war es als Versöhnungsbotschafter auf Schiffen der britischen und deutschen Marine unterwegs. Verliehen war es damals an Militärpfarrer Herbert Tratz, Mitgründer und Mitglied des ersten Vorstandes der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e. V. Es blickt auf eine Geschichte sowohl im Bereich des ehemaligen Nord- als auch Ost-Konvents der Evangelischen Militärseelsorge in der Bundeswehr zurück. Inzwischen sind beide Konvente zum Dekanat Mitte vereint. Damit steht das Kreuz neben seiner Versöhnungsbotschaft auch als verbindendes Symbol für den zusammengewachsenen Konvent.

Der Jubiläumsgottesdienst wurde am 28. Februar 2024 im Saal des Strausberger „Zentrums für Informationsarbeit der Bundeswehr“ gehalten. Militärpfarrer Matthias Spikermann erinnerte in seiner Predigt an die Versöhnungsidee von Coventry. Seitens der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e. V. erneuerte anschließend Felicitas Weileder die Verleihung des Nagelkreuzes nun an den zusammengewachsenen Konvent Mitte. Anschließend sprachen Weileder und Dr. Krätschell die Versöhnungslitanei von Coventry. Das Gebet ist auch im Evangelischen Gesang- und Gebetbuch für Soldaten abgedruckt.

Als weitere Gäste waren Dr. Jan Kingreen von der Stiftung Garnisonkirche Potsdam und Friedensbeauftragter der EKBO, Pfarrerin Angelika Behnke von der Dresdner Frauenkirche und die Vertreter des Nagelkreuzzentrums der Berliner Martin-Luther-Gedächtniskirche Klaus Wirbel, Gerd Niehoff und Rainer Drews zugegen. Im Anschluss an den Abendmahlsgottesdienst sorgte ein Empfang für Gelegenheit zum ausgiebigen Gedankenaustausch.

Foto: Azayan

Für die Organisation der Jubiläumsveranstaltung und die Liturgie des Festgottesdienstes verantwortlich waren Militärpfarrerin Inga Troue, Militärpfarrer Michael Blaszcyk und Militärpfarrer Matthias Spikermann. Die musikalische Ausgestaltung übernahm Pfarrhelfer Kay Dobberstein, welcher inzwischen selbst seit 25 Jahren seinen Dienst in der Militärseelsorge verrichtet.

Autor: Matthias Spikermann

 

Region „Südwest“ hat sich im Haus der Ev. Kirche Pforzheim getroffen

Foto: Gernot Härdt

Im Haus der Ev. Kirche in Pforzheim trafen sich am 9. März 2024 Vertreter:innen der zwölf Nagelkreuzzentren und Einzelmitglieder der Region Südwest. Die rund 25 Teilnehmerinnen waren u. a. aus Württemberg, Darmstadt, Saarbrücken, Offenburg, Karlsruhe und natürlich aus Pforzheim angereist.

Christian Roß berichtete aus der Arbeit des Leitungskreises. Die Teilnehmer:innen regten an, über einen Neuzuschnitt der ausgedehnten Region nachzudenken. Ihren Berichten war zudem zu entnehmen, dass die Beteiligung an den Andachten unterschiedlich ist. Die Zentren mit eher schwacher Resonanz ließen sich ermutigen, trotzdem „dranzubleiben“, um den Versöhnungsgedanken weiterzutragen.

Foto: Hans Gölz-Eisinger

Gegenstand der Überlegungen war auch, den Begriff „Nagelkreuz“ in der Bezeichnung der Andachten durch Wörter wie Friedensgebet, ökumenisches Mittagsgebet o. ä. zu ersetzen, um Außenstehende nicht abzuschrecken. Beraten wurde auch die zukünftige Gestaltung der Nagelkreuz-Jugendarbeit (u. a. Fahrt nach Coventry) und die Einrichtung einer Online-Cloud zum Austausch von Materialien und Informationen.

Foto: Hans Gölz-Eisinger

Roland Ganninger führte die Teilnehmer durch die Stadtkirche Pforzheim und informierte über die Geschichte der Kirche und des dortigen Nagelkreuzes. Den Abschluss des Treffens bildete eine Andacht bei einem Puzzle mit den Namen der Partnergemeinden der Stadt Pforzheim. Das Puzzle soll bis zum Ende des Ukrainekrieges in der Kirche ausliegen und steht unter dem Leitgedanken „Damit aus Fremden Freunde werden“. Das nächste Regionaltreffen Südwest findet am 22. März 2025 in der Ludwigskirche Saarbrücken statt.

Autor: Gernot Härdt

 

25 Jahre Nagelkreuz auf Hiddensee: Symposium „Sehnsucht nach Frieden und Wege dahin“

Inselkirche Kloster/Hiddensee
Foto: Nagelkreuzgemeinschaft

Seit 25 Jahren gehört die Kirchengemeinde Kloster zur Nagelkreuzgemeinschaft. Im April 1999 erhielt sie das Nagelkreuz. Dieses Jubiläum bot Anlass zu einem Symposium, das am Wochenende nach Ostern in Kloster auf Hiddensee zum Thema: „Sehnsucht nach Frieden und Wege dahin“ stattfand. Etwa 60 Teilnehmende kamen aus verschiedenen Nagelkreuzzentren zusammen und gingen der Frage nach, wie die Kriege unserer Zeit uns im Denken und Handeln herausfordern. Welche Schritte auf dem Weg des Friedens können wir gehen? Welche Möglichkeiten und Aufgaben haben wir?

Eine erste Antwort gab Rüdiger von Fritsch, ehemaliger deutscher Botschafter in Moskau, in der voll besetzten Inselkirche. Er berichtete über Hintergründe des Krieges Russlands gegen die Ukraine und stellte fest: Wenn wir nicht die Zuversicht haben, die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, dann werden wir es auch nicht tun. Wir müssen uns unserer Stärken bewusst sein.

Zuversicht und Hoffnung! Wie gewinnen wir sie? Durch eine Kultur des Erinnerns, betonte Oliver Schuegraf, Vorsitzender der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e. V. Wir müssen uns von Geschichten gelingender Versöhnung tragen lassen und das Nagelkreuz ist eine solche Geschichte. 1940, als deutsche Bomber die englische Stadt Coventry und ihre Kathedrale zerstört hatten, verzichtete der damalige Propst Richard Howard auf Vergeltungsrhetorik. Stattdessen rief er auf, zu Versöhnung offen zu bleiben. „Vater vergib!“. Diese Worte schrieb er an den Altar und aus dem zerbombten Gebälk fügte er Nägel zu einem Kreuz zusammen. So schuf er ein Symbol, das die Friedensbotschaft Jesu in besonderer Weise als Zentrum des christlichen Glaubens vergegenwärtigt. Wege wurden vorbereitet, die nach Ende des Krieges begehbar waren und die Menschen aus verfeindeten Ländern wieder zusammenbrachten. Es wuchs ein Netzwerk für Frieden und Versöhnung mit heute über 250 Nagelkreuzzentren weltweit – 70 davon in Deutschland. Ihr Leitbild ist es, Wunden der Geschichte zu heilen, mit Unterschieden zu leben sowie eine Kultur des Friedens und der Gerechtigkeit zu schaffen.

Schuegraf stellte die Frage, ob es Zeiten und Situationen gibt, an denen die Suche nach Frieden und Versöhnung nicht durchdringen kann, bzw. noch schärfer: An denen vielleicht die Forderung nach Frieden und Versöhnung gar nicht angemessen ist? Sollte es solche Zeiten geben, was ist dann in der Zwischenzeit? In Gesprächsgruppen und in einem Podiumsgespräch wurde darüber nachgedacht. Disputanten waren der sächsische Kirchenzeitungsredakteur Stefan Seidel – gerade hat er sein Buch „Entfeindet Euch“ publiziert –, der ehemalige UN-Sonderbeauftragte Martin Kobler und der Agrarwissenschaftler Joachim von Braun, u. a. stellvertretender Präsident der Welthungerhilfe. Betont wurde, dass Krieg in Köpfen von Menschen entsteht und auch nur dort sein Ende findet. Wichtig sei es, in einer Zeit, in der die öffentliche Debatte zunehmend von Kriegsrhetorik geprägt ist, auch eine Sprache des Friedenswillens wach zu halten. Nie dürfe aufgegeben werden, das Gespräch selbst mit Kriegstreibern zu suchen. Es gehört zur Friedensverantwortung, dies immer und immer wieder zu tun. Irgendwann werden auch Feinde wieder zusammenleben müssen. Opfer müssen Tätern vergeben, Täter müssen zur Sühne bereit sein. Vergebung und Versöhnung – im Wissen darum, dass Schuldzusammenhänge umfassend sind, können sie gelingen. Zugleich gilt: Frieden, der nicht nach Gerechtigkeit fragt, kann es nicht geben. Ein Wertekanon, an dem Schuld benennbar und in ihrer Schwere unterscheidbar bleibt, ist unverzichtbar. Um ihn gilt es zu streiten. Internationales Recht muss gelten und Umsetzung finden.

Waffen liefern – ja oder nein? In die Ukraine? Nach Israel? Die Antworten fielen unterschiedlich aus. Einigkeit bestand im Wissen darum, dass jede mögliche Entscheidung mit Schuld verbunden ist. Und dass uns nichts von der Verantwortung entbindet, für Frieden und Versöhnung einzustehen. Wichtig ist es, sich in der Sehnsucht nach Frieden vereint zu wissen. Und im Gebet verbunden zu sein: „Vater vergib!“

Autor: Dr. Konrad Glöckner

 

Wahrzeichen mit Friedensbotschaft: Garnisonkirche Potsdam vor der Eröffnung

Die Garnisonkirche Potsdam ist eines von 77 Nagelkreuzzentren in Deutschland und eröffnet 2024 als einzigartiger Erinnerungs-, Bildungs- und Kulturort. Am Ostermontag, 1. April, wird die Kapelle im Turm in Dienst genommen. Dr. Jan Kingreen, Pfarrer und Stiftungsvorstand, erklärt die Geschichte und das Anliegen des Ortes.

Warum hat ausgerechnet die Garnisonkirche Potsdam, die immer wieder als „Symbol des Militarismus“ bezeichnet wird, ein Nagelkreuz? Diese Frage wird mir in regelmäßigen Abständen gestellt. Und ich frage gerne zurück: Wo, wenn nicht hier? Genau hier, an diesem Ort mit seiner ambivalenten Historie, will die Stiftung Garnisonkirche Geschichte kritisch aufarbeiten und für Frieden eintreten. Die friedenstiftende Idee der Versöhnung von Coventry spielt für die Stiftung als Eigentümerin und Betreiberin der Garnisonkirche und für unser Netzwerk Nagelkreuzgemeinde dabei eine wichtige Rolle.

Die Garnisonkirche Potsdam hat eine lange, fast 300-jährige Geschichte. 1730 bis 1735 wurde sie unter dem preußischen „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. erbaut. 1945 brannte die Barockkirche, die als eines der Wahrzeichen Potsdams galt, beim Bombenangriff auf die Stadt aus. 1950 wurde im Turm die Heilig-Kreuz-Kapelle als friedensstiftender Ort eingerichtet. Doch 1968 ließ das kirchenfeindliche DDR-Regime die Reste des Kirchenschiffs und den Turm sprengen. Damit wurde auch der damalige Versammlungsort der evangelischen Heilig-Kreuz-Gemeinde zerstört.

Doch die Geschichte endete nicht. Seit 2017 baut die Stiftung Garnisonkirche Potsdam die Kirche wieder auf – im Geist von Coventry. Bereits 2004 wurde dem Ort das Nagelkreuz von Coventry verliehen. Noch in diesem Jahr, 2024, wird der 57 Meter hohe Turm eröffnet – äußerlich fast originalgetreu in seiner barocken Form, innen mit einem neuen Raum- und Nutzungskonzept als Erinnerungs-, Bildungs-, Kirchen- und Kulturort. Und übrigens auch mit einer Aussichtsplattform, die barrierefrei mit dem Aufzug erreichbar ist. Sie bietet einen fantastischen Blick auf die UNESCO-Welterbestadt Potsdam und bis nach Berlin.

Deutsche Geschichte reflektieren – an einem Ort mit ambivalenter Historie

Foto: Stiftung Garnisonkirche Potsdam

Als Ort der Erinnerung ist die Garnisonkirche fast schon prädestiniert, denn sie steht für die wechselvolle deutsche Geschichte in den vergangenen drei Jahrhunderten, besonders aber des 20. Jahrhunderts. Keine Frage: Die historische Kirche war auch ein Ort antidemokratischer und traditionalistischer Kräfte und galt als Symbol des Militarismus. Am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, inszenierten die Nationalsozialisten in der nationalprotestantischen Kirche die Machtübernahme von Adolf Hitler. Das Foto des Handschlags zwischen Reichspräsident Paul von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler vor der Garnisonkirche Potsdam hat sich tief im kollektiven Gedächtnis verankert. Doch wird diese Geschichte in der wiederaufgebauten Kirche nicht verschwiegen – im Gegenteil.

Ziel des Wiederaufbaus ist gerade, einen Erinnerungs-, Kultur- und Diskursort zu schaffen, in dem die deutsche Geschichte kritisch reflektiert wird – stets mit Blick auf Gegenwartsfragen. Dies findet zum einen in unserer Ausstellung „Glaube, Macht und Militär“ im Turm statt. Zum anderen in unserem breiten Bildungsprogramm und in Veranstaltungen, etwa Diskussionen und Lesungen.

Als Programmvorstand der Stiftung möchte ich die wiederaufgebaute Garnisonkirche als Diskursraum für gesellschaftspolitische Debatten etablieren, der eine hohe Strahlkraft in die Stadtgesellschaft und über die Grenzen Potsdams hinaus hat. Und als Ort, dessen Veranstaltungen stets mit dem Thema „Erinnern und Frieden stiften“ verbunden sind. Das gilt natürlich auch für unser religiöses Angebot, zu dem Gottesdienste, Andachten und Friedensgebete gehören.

2004 verlieh Paul Oestreicher dem Ort das Nagelkreuz von Coventry

Die Aktivitäten der Stiftung und des Netzwerks Nagelkreuzgemeinde in Potsdam sind übrigens nicht neu. Sie gab es schon, bevor 2017 der erste Stein für den Wiederaufbau des Kirchturms an der Breiten Straße in Potsdam gelegt wurde. Bereits 2004 wurde dem Ort das Nagelkreuz von Coventry verliehen. Der Canonicus der Versöhnungskathedrale von Coventry, Paul Oestreicher, übergab das Nagelkreuz dem damaligen Generalsuperintendenten Potsdams, Hans-Ulrich Schulz, und nahm die wiederaufzubauende Garnisonkirche in die internationale Nagelkreuzgemeinschaft auf.

Bewusst wurde dafür der 60. Jahrestag des Widerstands am 20. Juli 1944 gegen Hitler gewählt. Denn die Garnisonkirche war auch der religiöse Ort des Infanterieregiments 9, dem zahlreiche Widerstandskämpfer angehörten. 2011 wurde eine temporäre Kapelle am Baufeld errichtet und eine evangelische Pfarrstelle eingerichtet. 2014 wurde der Kapelle der Name „Nagelkreuzkapelle“ verliehen.

Die temporäre Kapelle beheimatete eine Ausstellung zur Geschichte und zum Wiederaufbau und diente für Gottesdienst, Friedensgebete und Veranstaltungen, die den Aufgaben der Nagelkreuzgemeinschaft Rechnung tragen: die Wunden der Geschichte heilen, die Vielfalt feiern, eine Kultur des Friedens bauen. Das Symbol des Nagelkreuzes auf dem Altar war Ausdruck der Verbundenheit mit den Ideen und der weltumspannenden Bewegung von Coventry – und wird es weiter sein.

Engagiertes Netzwerk für Einheimische wie für Touristen

Denn in der Nagelkreuzkapelle im wiederaufgebauten Turm, die – noch vor Beginn des allgemeinen Turmbetriebs – am 1. April feierlich in Dienst genommen wird, werden wir weiter für die Ideen und den Geist von Coventry eintreten.

Das Netzwerk Nagelkreuzgemeinde an der Garnisonkirche steht allen Menschen offen. Als Profilgemeinde wendet sich das Netzwerk besonders an Interessierte der Stadtgesellschaft, Passanten und Touristen und führt Menschen mit dem gemeinsamen Anliegen zusammen, geistliches Leben im Horizont des besonderen Profils zu gestalten. Als Pfarrer der Garnisonkirche und Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz habe ich viele Pläne, unseren Wirkungskreis zu erweitern und neue religiöse Formate zu etablieren, etwa einen „Segen to go“ am frühen Morgen, der für die Mitarbeitenden in den umliegenden Ministerien und Büros attraktiv ist.

Foto: Stiftung Garnisonkirche Potsdam

Darüber hinaus pflegt unser Netzwerk Nagelkreuzgemeinde Beziehungen zu evangelischen Kirchengemeinden und weiß sich der ökumenischen wie interreligiösen Arbeit verpflichtet. Es fördert zudem den Dialog im Sozialraum und setzt sich dafür ein, die drei inhaltlichen und räumlichen Ebenen (Ausstellung, Bildung und Vermittlung, Religion und Kultur) im Turm der Garnisonkirche inhaltlich zu verbinden.

Vorfreude auf die Eröffnung

Seit Anfang 2024 zeigt sich der wiederaufgebaute Turm der Garnisonkirche ohne Baugerüst, und die Neugier der Öffentlichkeit auf das alte, neue Bauwerk in der brandenburgischen Landeshauptstadt steigt. Auch beobachte ich eine zunehmend positive Wahrnehmung. Es gibt zwar weiterhin einige lautstarke Kritiker des Wiederaufbaus, aber ihre Menge ist deutlich kleiner als die der Befürworter. In der Politik, in der Stadtgesellschaft und in der Kirche gibt es eine breite Unterstützung. Diese hat den Wiederaufbau der Garnisonkirche als Ort der Friedensarbeit überhaupt erst ermöglicht.

Fast schon vergessen ist, dass sich der Wiederaufbau auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung von 1990 über die Wiederannäherung an das historisch gewachsene Stadtbild stützt. Die Garnisonkirche ist Teil der historischen Mitte Potsdams, in der auch das Stadtschloss (heute Brandenburgischer Landtag) und das Palais Barberini (heute Museum Barberini) wiedererrichtet wurden. Schirmherr des Bauprojekts Garnisonkirche ist der Bundespräsident. Viele kleine und große Spenden haben zum Erfolg beigetragen, dabei waren auch prominente Spender wie der Fernsehmoderator Günther Jauch.

Unterstützung gibt es zudem von zahlreichen Förderern wie der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche e.V. Auch die evangelische Kirche trägt das Projekt aktiv mit. Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung ist Dr. Christian Stäblein, Bischof der EKBO. Zudem gewährten die Landeskirche und die Evangelische Kirche der Stiftung Darlehen für den Wiederaufbau. Weitere Mittel stellte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien zur Verfügung.

Menschen aus aller Welt sind willkommen

Wir freuen uns darauf, in der Garnisonkirche viele Menschen aus Deutschland und aus der ganzen Welt zu begrüßen, die für Frieden und Versöhnung eintreten wollen.

„Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“: Dieser Bibelspruch aus dem Lukasevangelium ist im Sockel des wiederaufgebauten Turms eingemeißelt – auf Deutsch, Englisch, Französisch, Polnisch und Russisch. Es ist eine sichtbare Friedensbotschaft mitten in Potsdam und das Fundament unseres Engagements im Geist der Nagelkreuzbewegung.

Besuchen Sie gern unsere Webseite: www.garnisonkirche-potsdam.de

Autor: Dr. Jan Kingreen. Er ist Pfarrer der Garnisonkirche, Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und Programmvorstand der Stiftung Garnisonkirche Potsdam. Die kirchliche Stiftung ist Eigentümerin und Betreiberin der Garnisonkirche.

 

Versöhnungslitanei im Radio

Jeden Freitag kurz vor eins steht Kathrin Oxen in der Turmruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin und hält ein Blatt mit einem Gebet darauf hoch: Sie lädt alle Besucher:innen des Mahnmals dazu ein, mit ihr die Versöhnungslitanei aus Coventry zu beten. Nun lädt sie auch alle Hörer:innen von Deutschlandradio Kultur dazu ein, gemeinsam über das Gebet nachzudenken.

Die Versöhnungslitanei von Coventry orientiert sich an den mittelalterlichen „Todsünden“: Stolz, Habgier, Wollust, Zorn, Maßlosigkeit, Neid und Trägheit. Das Gebet wurde im Jahr 1958 formuliert. Warum bitten wir auch heute noch um Vergebung für Hass, Habgier, Maßlosigkeit, Gleichgültigkeit, Missbrauch und Hochmut? In ihren sechs Radio-Andachten greift Oxen aktuelle Beispiele aus Alltag und Politik auf, stellt Bezüge zu christlichen und historischen Zusammenhängen her. Was heißt es, sich aus der Gemeinschaft mit Gott und anderen Menschen entfernt zu haben? Warum gehen uns manche Bitten um Vergebung so schwer über die Lippen? Gibt es Heilung und Versöhnung ohne Wahrheit und Schuldbekenntnis?

Wer neugierig geworden ist, findet die Andachten zum Nachhören und Nachlesen hier:

Auf der Internetseite des Deutschlandfunk stehen die Andachten ebenfalls zum Nachhören zur Verfügung.

Und wer sich lieber in die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche einladen lassen möchte: Auch in den Passionsandachten, die noch bis Ostern 2024 an jedem Mittwoch um 18 Uhr in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche stattfinden, stehen die Bitten aus der Versöhnungslitanei und die damit verbundenen Sünden im Mittelpunkt. Die Andachten werden abwechselnd von Pfarrerin Oxen und Pfarrer Karsten Wolkenhauer, Mitglied im Leitungskreis der Nagelkreuzgemeinschaft, gestaltet.

Autor: Niels Faßbender

Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg: Nagelkreuz wandert von der Kreuzkirche zum Diakonischen Werk

Iris Jänicke erhält das Kreuz von Andreas Moos. (Foto: Wolfgang Teipel)

Zum Jahresbeginn 2024 erlebten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Diakonischen Werkes des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg einen besonderen Gottesdienst. Die Feier stand ganz im Zeichen des Nagelkreuzes.

Diakonie-Geschäftsführerin Iris Jänicke nahm im Plettenberger Paul-Gerhardt-Haus das Kreuz aus der Hand von Andreas Moos entgegen. Er vertrat in diesem Gottesdienst die Lüdenscheider Kreuzkirchengemeinde. Sie hatte das Kreuz seit September 2021 beherbergt. Britta Däumer und Stefan Schick, Vertreter des Nagelkreuzzentrums „Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg“ schilderten in kurzen Vorträgen die Geschichte und Bedeutung des Kreuzes.

Stefan Schick und Britta Däumer (Foto: Rendel Simon)

Bereits seit 1996 steht im Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg ein Nagelkreuz. Seinerzeit war es dem Kinder- und Jugendreferat, der Ev. Kirchengemeinde Herscheid und der damaligen Tagungsstätte „Haus Nordhelle“ für ihre internationale Versöhnungsarbeit überreicht worden. Im „Haus Nordhelle“ hatte das Kreuz auch seinen ursprünglichen Standort. Seit Schließung der Einrichtung steht es in der Johannis-Kirche in Plettenberg-Eiringhausen. Zum 25-jährigen Nagelkreuzjubiläum im Jahr 2021 kam ein Wandernagelkreuz hinzu, das seinen ersten Aufstellungsort in der Ev. Kreuzkirchengemeinde in Lüdenscheid fand. Nun wurde es an das Diakonische Werk des Kirchenkreises weitergereicht.

Stefan Schick erläuterte: „Jetzt soll das Diakonische Werk dieses Wandernagelkreuz für zwei Jahre bekommen. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden sind unermüdlich im Einsatz, um Menschen zu helfen, ihnen Gehör zu verschaffen, ihre Würde zu bewahren und im Alltag ganz praktisch zu unterstützen. Sie verstehen ihren Dienstauftrag als gelebte Nächstenliebe und werden zu Anwälten für Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen. Sie leisten so eine verlässliche Versöhnungsarbeit zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung. Für diesen Einsatz wollen wir mit der Überreichung des Nagelkreuzes auch ein ganz dickes Dankeschön sagen.“ Dies, so Schick, gelte für alle Arbeitsbereiche der Diakonie – von den unterschiedlichen Beratungsstellen bis zur Möbelbörse, vom Fachdienst Migration über die Schwangerschaftsberatung bis hin zum Haus Alter Leuchtturm, einer Familienferienstätte auf Borkum. „Ich will nicht alle einzeln aufzählen, aber sie dürfen gewiss sein, dass wir ihre Arbeit enorm schätzen.“

Das Wandernagelkreuz (Foto: Stefan Schick)

Nach einem von Britta Däumer gesprochenen Gebet war es so weit. Andreas Moos übergab das Kreuz an Iris Jänicke, die in einer kurzen Ansprache ihre Freude und Verbundenheit zur Versöhnungsarbeit zum Ausdruck brachte. Musikalisch wurde der die Feier von Kirchenmusiker Dr. Charles Christian Adarkwah mitgestaltet, der die Gottesdienstteilnehmer auf mitreißende Art zum Singen einlud. Diakoniepfarrer Volker Bäumer predigte zur Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16,14). Dabei legte er das Jahreslosungsmotiv von Andreas Felger aus. Mit seinem Motiv der Rose habe der Künstler das Liebessymbol schlechthin aufgegriffen.

Autor: Stefan Schick