Aktivitäten & Berichte der Nagelkreuzgemeinschaft und der Nagelkreuzzentren.

Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg: Nagelkreuz wandert von der Kreuzkirche zum Diakonischen Werk

Iris Jänicke erhält das Kreuz von Andreas Moos. (Foto: Wolfgang Teipel)

Zum Jahresbeginn 2024 erlebten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Diakonischen Werkes des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg einen besonderen Gottesdienst. Die Feier stand ganz im Zeichen des Nagelkreuzes.

Diakonie-Geschäftsführerin Iris Jänicke nahm im Plettenberger Paul-Gerhardt-Haus das Kreuz aus der Hand von Andreas Moos entgegen. Er vertrat in diesem Gottesdienst die Lüdenscheider Kreuzkirchengemeinde. Sie hatte das Kreuz seit September 2021 beherbergt. Britta Däumer und Stefan Schick, Vertreter des Nagelkreuzzentrums „Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg“ schilderten in kurzen Vorträgen die Geschichte und Bedeutung des Kreuzes.

Stefan Schick und Britta Däumer (Foto: Rendel Simon)

Bereits seit 1996 steht im Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg ein Nagelkreuz. Seinerzeit war es dem Kinder- und Jugendreferat, der Ev. Kirchengemeinde Herscheid und der damaligen Tagungsstätte „Haus Nordhelle“ für ihre internationale Versöhnungsarbeit überreicht worden. Im „Haus Nordhelle“ hatte das Kreuz auch seinen ursprünglichen Standort. Seit Schließung der Einrichtung steht es in der Johannis-Kirche in Plettenberg-Eiringhausen. Zum 25-jährigen Nagelkreuzjubiläum im Jahr 2021 kam ein Wandernagelkreuz hinzu, das seinen ersten Aufstellungsort in der Ev. Kreuzkirchengemeinde in Lüdenscheid fand. Nun wurde es an das Diakonische Werk des Kirchenkreises weitergereicht.

Stefan Schick erläuterte: „Jetzt soll das Diakonische Werk dieses Wandernagelkreuz für zwei Jahre bekommen. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden sind unermüdlich im Einsatz, um Menschen zu helfen, ihnen Gehör zu verschaffen, ihre Würde zu bewahren und im Alltag ganz praktisch zu unterstützen. Sie verstehen ihren Dienstauftrag als gelebte Nächstenliebe und werden zu Anwälten für Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen. Sie leisten so eine verlässliche Versöhnungsarbeit zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung. Für diesen Einsatz wollen wir mit der Überreichung des Nagelkreuzes auch ein ganz dickes Dankeschön sagen.“ Dies, so Schick, gelte für alle Arbeitsbereiche der Diakonie – von den unterschiedlichen Beratungsstellen bis zur Möbelbörse, vom Fachdienst Migration über die Schwangerschaftsberatung bis hin zum Haus Alter Leuchtturm, einer Familienferienstätte auf Borkum. „Ich will nicht alle einzeln aufzählen, aber sie dürfen gewiss sein, dass wir ihre Arbeit enorm schätzen.“

Das Wandernagelkreuz (Foto: Stefan Schick)

Nach einem von Britta Däumer gesprochenen Gebet war es so weit. Andreas Moos übergab das Kreuz an Iris Jänicke, die in einer kurzen Ansprache ihre Freude und Verbundenheit zur Versöhnungsarbeit zum Ausdruck brachte. Musikalisch wurde der die Feier von Kirchenmusiker Dr. Charles Christian Adarkwah mitgestaltet, der die Gottesdienstteilnehmer auf mitreißende Art zum Singen einlud. Diakoniepfarrer Volker Bäumer predigte zur Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16,14). Dabei legte er das Jahreslosungsmotiv von Andreas Felger aus. Mit seinem Motiv der Rose habe der Künstler das Liebessymbol schlechthin aufgegriffen.

Autor: Stefan Schick

Jugendbegegnung in Dachau

Foto: Maite Böhm

Erstmals seit der Corona-Pandemie gab es im November 2023 wieder eine Jugendbegegnung der deutschen Nagelkreuzgemeinschaft. Das Treffen fand am 11. November 2023 in der KZ-Gedenkstätte Dachau bei München statt. Zwei Teilnehmerinnen berichten.

Der Tag begann um 11 Uhr am Besucherzentrum, wo wir von Felicitas Weileder und Maite Böhm, den Organisatorinnen des Treffens, und von Björn Mensing, dem Pfarrer der sich auf dem Gelände befindlichen Versöhnungskirche und Tourguide, begrüßt wurden. Bei der anschließenden Führung gingen wir den Weg nach, den auch ein Häftling in Dachau gegangen sein könnte.

Foto: Hannah Sturm

Unsere erste Station war vor dem Eingang zum KZ-Häftlingslager, an dem sich auch die Bahngleise befanden, an denen etwas weiter die Züge mit den Häftlingen hielten. Dort erzählte uns Herr Mensing von Martin Kieselstein, einem ungarisch-jüdischen Häftling in Dachau, dem er später persönlich begegnet war, und davon, was dieser auf der Zugfahrt von Auschwitz nach Dachau erlebt hatte. Herr Mensing erzählte uns auch von einer Frau aus einer indisch-muslimischen Familie, die in Dachau ermordet wurde. Ihr Name war Noor-un-Nisa Inayat Khan und sie war eine britische Agentin, die für Großbritannien Kontakte zum Widerstand in Frankreich knüpfen sollte. Wenn man sich mit dem Rücken zum Tor drehte, konnte man das Gebäude sehen, in dem sich während der NS-Zeit die KZ-Kommandantur befand. Aktuell wird das Gebäude von der Bereitschaftspolizei genutzt. Das soll sich aber ändern, wenn in zwei Jahren das Gebäude Teil der Gedenkstätte wird.

Foto: Hannah Sturm

Anschließend gingen wir durch das Tor des Häftlingslagers. Es bestand aus Eisenstreben und trug die Inschrift „ARBEIT MACHT FREI“. Herr Mensing erzählte uns, diese Inschrift sei auf den Eingangstoren aller Konzentrationslager zu finden, außer im KZ Buchenwald, wo die Inschrift stattdessen „JEDEM DAS SEINE“ laute. Wir gingen weiter ins so genannte Wirtschaftsgebäude und dort in den „Schubraum“, wo die Häftlinge registriert wurden. Herr Mensing erzählte uns von der entwürdigenden Prozedur, die die Häftlinge hier durchmachen mussten, dass sie ihre Kleidung ablegen und alle persönlichen Gegenstände, auch Eheringe und solche Gegenstände, die nur einen ideellen Wert hatten, wie zum Beispiel Fotos, abgeben mussten. Jeder Häftling bekam eine Nummer, die ab sofort von den SS-Wachleuten anstelle ihres Namens verwendet wurde. Als letztes wurden den Häftlingen noch die Haare abrasiert und ihnen dadurch die Individualität vollends geraubt.

Unsere nächste Station waren die Duschen. Echte Duschen, keine Gaskammer. Hier ging es darum, wie die Prozedur des Duschens für die Häftlinge ablief und auch darum, dass einige der Aufseher die Häftlinge quälten und dabei zum Beispiel im Winter die Fenster des Duschraums öffneten, die Heizung aus- und das Wasser auf kalt stellten. Herr Mensing führte aber auch aus, dass manche Häftlinge, besonders jene gerade erst von tagelangen Transporten angekommenen, das Duschen als wohltuend empfanden. Noch im Duschraum erzählte uns Herr Mensing von den Strafen, die Häftlinge, die von Aufsehern beschuldigt wurden, gegen die Lagerordnung verstoßen zu haben, ertragen mussten. Die Willkür bei der Verhängung dieser Strafen verdeutlichte uns Herr Mensing am Beispiel eines abgefallenen Knopfes. Fiel auf, dass ein Häftling tagsüber einen Knopf verloren hatte, wurde nicht darauf geachtet, ob er schon Gelegenheit gehabt hatte, diesen wieder anzunähen, man bestrafte ihn einfach direkt.

Foto: Hannah Sturm

Wie schlecht die Häftlinge behandelt wurden, war auch von der Häftlingsgruppe abhängig, der sie zugewiesen wurden. Die einzelnen Gruppen wurden durch an der Kleidung angebrachte farbige Winkel und Buchstaben gekennzeichnet. Zum Beispiel stand der gelbe Winkel für Juden, ein rosaner für Homosexuelle und ein schwarzer für „Asoziale“. Die Buchstaben sollten die Nationalität der Häftlinge kennzeichnen. Obwohl der größte Teil der sowjetischen Häftlinge in Dachau ukrainischer Herkunft war, wurden sie alle mit einem „R“ für „Russe“ gekennzeichnet.

Der nächste Teil der Führung führte uns in den Bunkerhof, der aufgrund der dort durchgeführten Hinrichtungen auch Exekutionshof genannt wurde, und von dort aus ins Lagergefängnis. Herr Mensing berichtete uns, dass die Häftlinge hier in Einzelhaft psychische Folter ertragen mussten. Im Lagergefängnis gingen wir auch an der Zellentür des evangelischen Pfarrers und Widerstandskämpfers Martin Niemöller vorbei. Wieder draußen erzählte Herr Mensing, wie es in Dachau inhaftierten Geistlichen erging. Er schilderte, dass nachdem der damalige Papst Pius XII. von Hitlers Vorgehen gegen Geistliche in Polen erfahren und darum gebeten hatte, dass diese doch wenigstens gemeinsam Gottesdienst feiern dürften, alle inhaftierten Geistlichen aus Deutschland und von Deutschland besetzten Gebieten nach Dachau gebracht wurden. Die Geistlichen waren in separaten Baracken untergebracht, wo sie Gottesdienste feiern durften. Um die prominenteren Geistlichen vor den im KZ grassierenden Krankheiten, wie zum Beispiel Typhus und Fleckfieber, zu schützen, wurden sie, wie Martin Niemöller, im Lagergefängnis untergebracht.

Foto: Hannah Sturm

Nach dem Lagergefängnis gingen wir zu den Krematorien. Wir sahen uns das erste Krematorium an, in dem es zwei Öfen gab und erfuhren, dass dieses mit steigender Zahl der Toten nicht genügend Kapazitäten hatte, weshalb ein zweites, größeres Krematorium gebaut wurde, an das man direkt eine Gaskammer dranbaute, die aber, entgegen der ursprünglichen Pläne, nur bei einem Probedurchlauf in Betrieb genommen wurde. Herr Mensing bat um Stille beim Durchqueren der Gaskammer und des Krematoriums. Am Ende der Führung gingen wir gemeinsam in die evangelische Versöhnungskirche, die sich auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte befindet. In der Kirche beteten wir gemeinsam das Versöhnungsgebet von Coventry mit der mehrfachen Bitte „Vater vergib!“.

Nach der Führung gingen wir mittagessen, es gab Lasagne, und fanden uns danach wieder in der Kirche ein. Dort wurden uns in einer Präsentation mit Videokonferenz mit Jugendlichen im englischen Coventry die Geschichte der Nagelkreuzgemeinschaft sowie ihr heutiges Wirken nahegebracht. In einer anschließenden Diskussionsrunde sprachen wir darüber, ob es denn angebracht sei, die Polizei in der ehemaligen SS-Kaserne unterzubringen, oder eine Kirche auf dem Gelände eines Konzentrationslagers zu bauen. Herr Mensing erklärte uns zum Bau der Kirche, dass dieser tatsächlich von einem überlebenden niederländischen Häftling initiiert und vorangetrieben sowie von anderen Überlebenden unterstützt worden sei.

Nach einer Stunde, die wir selbst individuell gestalten konnten, gingen wir noch mit Felicitas und Maite, sowie unserer französischen Gastgeberin Marine in ein Restaurant für ein gemeinsames Abendessen. Die Jugendbegegnung in Dachau hat bei uns einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Besonders eindrücklich und mitreißend fanden wir die Einzelschicksale, von denen Herr Mensing uns berichtete und auf die er bei seiner Führung einen besonderen Fokus legte. Dies hob die sonst nur durch Zahlen beschriebenen Geschehnisse auf eine persönlichere Ebene und verdeutlichte, dass nicht jeder Häftling nur einer von vielen, sondern ein ganzer Mensch mit einer eigenen Geschichte war.

Autorinnen: Hannah Rickmann und Hannah Sturm

Einladung zur Jugendbegegnung am 11. November in Dachau

Die Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e. V. lädt alle jungen Mitglieder (16 bis 27 Jahre) zur ersten Jugendbegegnung am 11. November 2023 von 11 bis 17 Uhr in der KZ-Gedenkstätte Dachau ein.

„Wir wollen uns mit der Frage beschäftigen, was Versöhnung heute bedeutet“, so Felicitas Weileder, die das Treffen gemeinsam mit Maite Böhm organisiert. Alle Teilnehmer:innen erhalten kurz nach dem 85. Jahrestag der Novemberpogrome, bei dem auch mehr als 10.000 Juden in das KZ Dachau deportiert wurden, eine Führung durch die KZ-Gedenkstätte. Anschließend diskutieren sie mit Vertreter:innen des ökumenischen Nagelkreuzzentrum in der KZ-Gedenkstätte über ihre Arbeit. Zudem steht ein Gespräch mit Vertretern der Kathedrale von Coventry über die unterschiedlichen Aspekte der Versöhnungsarbeit auf dem Programm. Außerdem gibt es Raum für individuelles Reflektieren oder einen Besuch der Sonderausstellung „Dachauer Prozesse – Verbrechen, Verfahren und Verantwortung“.

Das Programm, weitere organisatorische Hinweise und einen Link zur Anmeldung gibt es hier.

Optional besteht die Möglichkeit, sich anschließend beim Abendessen auszutauschen und in München zu übernachten. Für die Teilnahme fallen keine Kosten an. Die Kosten für das Mittagessen und Kaffeepause werden übernommen, Kosten für Anreise und/oder Übernachtung können bezuschusst werden (siehe organisatorische Hinweise). Anmeldeschluss: 3. November 2023, Rückfragen an jugendkonferenz@nagelkreuz.org.

Nagelkreuzgemeinschaft mit Ökumene-Preis ausgezeichnet und Podiumsdiskussion auf BR alpha

Die internationale Nagelkreuzgemeinschaft hat den mit 10.000 Euro dotierten Ökumenischen Preis der Katholischen Akademie in Bayern erhalten. In einem Festakt am 11. Dezember 2021 nahmen John Witcombe, Dean der Kathedrale […]

Lüdenscheid – Plettenberg: 25. Jubiläum und neues Wandernagelkreuz

25 Jahre Nagelkreuzzentrum im evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg

Die Nagelkreuze in der DDR und ihre politische Ausstrahlung

Virtuelles Gespräch mit Sup. i. R. Werner Krätschell Am 1. Juni 2021, 19.00 Uhr lädt die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche zu einem virtuelles Kapellengespräch mit Superintendent i. R. Werner Krätschell ein.