Rückblick auf das internationale Treffen der Weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft in Coventry

Rückblick auf das Internationale Treffen der Weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft vom 24. bis 28. Mai 2023 in Coventry

Unter dem Thema „Making all things new: Reconciliation and the next sixty years“, eine Bezugnahme auf 2. Korinther 5, 17b, trafen sich etwa 60 Vertreter und Vertreterinnen aus neun Ländern* der weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft zu einer fünftägigen Konferenz in Coventry.

Nachdem die letzte internationale Nagelkreuzkonferenz, die im September 2018 in Coventry stattgefunden hatte, nun schon wieder fünf Jahre zurücklag und sich die Welt in diesen wenigen Jahren enorm verändert hatte, empfanden wir Teilnehmer diese Tagung als ein wichtiges Angebot zum Austausch und zur Neuorientierung in unserer Versöhnungsarbeit weltweit und „vor Ort“…
Für viele von uns war es natürlich auch ein frohes Wiedersehen nach den drei belastenden Corona-Jahren, die persönliche Begegnungen sehr erschwert hatten. Und wir nahmen die herzliche Begrüßung und Einladung von Dean John Witcombe sehr gern an: „Make the Cathedral your home!“

Die fünf Tage, die mit einem festlichen Pfingstgottesdienst in der Kathedrale ihren Abschluss fanden, waren inhaltlich enorm gefüllt.

Ein ganz besonderer Höhepunkt, nicht nur für uns deutsche Delegierte, war natürlich die Berufung und Einsegnung des Vorsitzenden unserer deutschen Nagelkreuzgemeinschaft, OKR Dr. Oliver Schuegraf, zum „Canon Theologian“ der Kathedrale durch Bischof Dr. Christopher Cocksworth in einem Festgottesdienst am 25. Mai 2023, der gleichzeitig auch der 61. Jahrestag der Weihe der Kathedrale war.

Neben diesen beiden gottesdienstlichen Höhepunkten trafen wir uns täglich im neu eröffneten modernen Konferenzzentrum der Kathedrale, um uns mit aktuellen Versöhnungsthemen unserer Gegenwart zu beschäftigen, Impulsvorträge zu hören, darüber intensiv zu diskutieren und hoffentlich viele Anregungen für unsere Arbeit zu Hause in unseren doch recht unterschiedlichen nationalen und lokalen Kontexten mitzunehmen.

Die meisten Beiträge zu den nachfolgend benannten Themen sind auch über die Website der Kathedrale Coventry auf YouTube oder Facebook nachzuhören (https://www.coventrycathedral.org.uk/reconciliation/community-of-the-cross-of-nails/gatherings):

  • Kunst und Versöhnung. Revd.Canon Mary Gregory stellte ihren neuen Arbeitsbereich „Kunst und der Versöhnung“ an der Kathedrale vor.
  • Versöhnung und Umweltkrise
  • Versöhnung inmitten von gewaltsamen Konflikten: ein Gespräch zwischen Dean John Witcombe und dem langjährigen ehemaligen Direktor des Internationalen Versöhnungszentrums Coventry, Revd. Canon Dr. Paul Oestreicher zum Thema „Krieg in der Ukraine“, in dem sich Paul Oestreicher sehr nachdenkenswert zu der uns alle umtreibenden Frage positioniert: „Kann man wahren Frieden schaffen mit oder ohne Waffen?“
  • Nachdenklich stimmte uns auch die von uns europäischen Christen viel zu wenig wahrgenommene Sicht der palästinensischen Christen zum Israel-Palästina-Konflikt, wie sie in einem Gespräch mit Daniel Munayer, dem Geschäftsführer von „Musalaha“, uns sehr eindrücklich dargestellt wurde. „Musalaha“, auf arabisch „Versöhnung“, ist eine in Jerusalem und in Großbritannien tätige Organisation, die sich seit 33 Jahren aktiv für eine Versöhnung zwischen Israel und und Palästina einsetzt.
  • Kanada – Land, Gerechtigkeit und Zugehörigkeit: Dazu ein bewegender Bericht von Revd. Michael Shapcott vom Sorrento Centre in British Columbia über die mühevollen und dabei doch hoffnungsvollen Schritte einer Versöhnung mit der indigenen Bevölkerung.
  • Nordirland – wie kann der immer noch sehr fragile Frieden zu einem dauerhaften, verlässlichen Frieden werden? Eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der am sog. „Karfreitagsfriedensabkommen“ von 1998 beteiligten Parteien im Altarraum der Kathedrale ließ uns an den immer noch bestehenden Schwierigkeiten im Versöhnungsprozess teilhaben. Umso mehr empfanden alle Anwesenden die im Anschluss an die Podiumsdiskussion stattfindende Verleihung des „Coventry Peace Prize“ an Lord Paul Bew und Mark Durkan für ihr Engagement als Vermittler des „Karfreitagsabkommen“ vor 25 Jahren als ein Mut machendes Zeichen der Hoffnung!

Das im Tagungsprogramm formulierte Ziel war nicht nur, die Themen „Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden“ aus unterschiedlichen Erfahrungen und Kontexten neu „anzudenken“, sondern gleichzeitig auch ganz praktisch unsere Rolle als Versöhnerinnen und Versöhner im Jahr 2023 und darüber hinaus zu „trainieren“. Das ist angesichts der Fülle an Themen und dem straffen Zeitplan in diesen Tagen sicher etwas zu kurz gekommen. Aber mit diesem Reichtum an neuen Impulsen, interessanten Begegnungen und intensiven Gesprächen und vor allem der Erfahrung, dass aufmerksames Zuhören oft wichtiger ist als sofort Antworten parat zu haben, werden wir in unseren Nagelkreuzzentren „vor Ort“ gewiss so manche neuen Akzente setzen können.

Deshalb, last but not least muss ein sehr herzlicher Dank stehen: an das Vorbereitungsteam der Kathedrale mit Alice Farnhill und Dean John Witcombe an der Spitze sowie an den Vorstand der Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft. Es waren wirklich sehr wertvolle gemeinsame Tage, die uns Teilnehmer gestärkt, ermutigt und mit neuen und nachdenkenswerten Impulsen für unsere Arbeit vor Ort ausgerüstet haben.

* Großbritannien und Nordirland, Deutschland, Belgien, Österreich, Niederlande, Kanada, USA, Indien, Südafrika

Ulrike Birkner-Kettenacker, DenkRaum Sophienkirche Dresden