Int. Repräsentantentreffen der Nagelkreuzgemeinschaft in Kapstadt
„Warum ist das Versöhnungsgebet von Coventry eigentlich so kurz?“ – dies war die überraschende Frage von Erzbischof Emeritus Desmond Tutu an die internationalen Vertreter der Nagelkreuzgemeinschaft. „Es gibt doch noch so viel mehr Dinge, für die man Gott täglich um Vergebung bitten sollte“. Zuvor hatte der Nobelpreisträger seinen Mitarbeitenden mit beeindruckender Präzision und Ausführlichkeit die Geschichte Coventrys erzählt und dabei auch verraten, dass er das Versöhnungsgebet von Coventry regelmäßig betet. Im anschließenden Gespräch gab Desmond Tutu bewegende Einblicke über die aktuelle Situation und die anliegenden Herausforderungen Südafrikas.
Diese Begegnung fand am Rande des Treffens der nationalen Vertreterinnen und Vertreter der Nagelkreuzgemeinschaft in Kapstadt statt (26. bis 31. Januar 2016). Neben Dean John Witcombe und Canon Sarah Hills aus Coventry waren Dominik Kretschmann für Mittel-Osteuropa, Oliver Schuegraf für Deutschland, Petrina Pakoe für Südafrika und Mark Pendleton für Nordamerika und Cuba anwesend. Auf der Tagesordnung des jährlich stattfindenden Treffens standen neben ausführlichen Berichten aus den Regionen und von aktuellen Projekten Coventrys u.a. auch erste Überlegungen für ein internationales Nagelkreuztreffen und eine Jugendkonferenz 2018 in Coventry. Auch die gemeinsamen Schwerpunktsetzungen für die nächsten Jahre wurden diskutiert.
Den Vorbereitungen von Petrina Pakoe ist es zu verdanken, dass neben den eigentlichen Beratungen immer wieder auch Begegnungen mit den Nagelkreuzzentren in der Region auf dem Programm standen: So informierten uns Gemeindeglieder von Good Shepherd, Protea über den Stand der Landrückgabe an jene Familien, die während der Apartheidszeit aus Protea in einer Nacht- und Nebelaktion vertrieben wurden, weil sie coloured (Farbige) waren. In Klein Drakenstein überreichten wir in einem Weihrauch durchdrängten Gottesdienst der Himmelfahrtskirche ein neues Nagelkreuz, da ihres gestohlen worden war. In dem Township Khayelitsha besuchten wir ein Waisenhaus, das von der diakonischen Einrichtung HOPE Africa unterstützt wird. In den beiden Nagelkreuzschulen St. Cyprians und Sommerset College durften wir in Schulversammlungen von der Versöhnungsarbeit in unseren Ländern erzählen und am Sonntag fand schließlich ein großer Nagelkreuzgottesdienst in der Gemeinde St. Saviour statt. Mit am eindrücklichsten wird aber sicherlich die Begegnung mit Desmond Tutu und die überraschende Frage bleiben, warum eigentlich die Versöhnungslitanei so kurz sei.
Oliver Schuegraf