Vor nunmehr 75 Jahren ging auch im vorpommerschen Demmin der Zweite Weltkrieg zu Ende. Im April und Mai gedenken wir des Kriegsendes 1945 in besonderer Weise. Im Zusammenhang mit dem Einmarsch der Roten Armee in Demmin nahmen sich und ihren Kindern in Demmin sehr viele Menschen das Leben, die Zahlen schwanken zwischen „viele Hundert“ bis hin zu „weit über tausend“. Hunderte Namen wurden rasch im Wareneingangsbuch des Friedhofs notiert, viele Namen blieben unbekannt. Einen ersten Eindruck verschafft der Dokumentarfilm „Über eben in Demmin“, der hier kostenlos abrufbar ist: hier klicken.
Für Trauer bleib damals wenig Zeit, und auch ein Verstehen dessen, was geschehen war. Was blieb, war die russische Armee als Besatzungsmacht. Eine Diktatur löste die andere sofort ab. Was blieb war die Unmöglichkeit, offen über das zu reden, was die Menschen Schreckliches erlebt, getan und erlitten hatten. Die aus dieser Zeit stammende Traumatisierung vieler Menschen hält bis heute an und wechselt die Generationen.
Den Jahrestag des Kriegsendes nehmen wir zum Anlass, uns der Trauer um die Toten jener Tage zu widmen. Wir haben ein „Demminer Requiem“ schreiben lassen, und führen das Brahms-Requiem auf. Die Demminer Kirchengemeinde will sich der Versöhnungsarbeit verschreiben und wird am 17. Mai 2020 Nagelkreuzzentrum. In einem Poetry Slam versuchen Menschen, unter dem Titel „über.wunden“ den Wunden und der Überwindung Wort und Stimme zu geben.
Ein besonderes Projekt ist das „Demminer Trauertuch“. Dort sollen im Gedenken an die Toten des Kriegsendes in Demmin ca. 1.000 Kreuze zusammen genäht werden zu einem einzigen großen Patchwork-Tuch. Jeweils 5×5 Felder hellen Stoffs im Format 20 x20 cm, auf denen dunkle Kreuze abgebildet sind, werden zu Stoffstücken von 1 m x1 m aneinander genäht. Und diese dann zu einem einzigen großen Tuch.
An diesem Trauertuch arbeiten und nähen viele Menschen im In- und Ausland mit. So entsteht eine verbindende Arbeit, die Versöhnung möglich macht. Wie laden Sie herzlich ein, sich am „Demminer Trauertuch“ zu beteiligen und mit zu nähen. Bitte senden Sie einzelne Stoffstücke im Format 20×20 cm (mit etwas Rand zum Zusammennähen!) ein dunkles Kreuz auf hellem Grund, oder zusammen genähte Stücke im Format 1×1 Meter mit dann 5×5 Feldern.
Ich komme gerade zurück aus dem Dänischen Ribe, wo die Domgemeinde im Rahmen des Deutsch-Dänischen Freundschaftsjahres 2020 als bewusstes Zeichen der Versöhnung mit am Trauertuch näht. Das bewegt mich sehr!
Pastor Karsten Wolkenhauer
St. Bartholomaei
Kirchplatz 7
D-17109 Demmin
demmin1@pek.de