Unterwegs in Richtung Versöhnung – Pilgerfahrt nach Coventry

Die Teilnehmer:innen der Pilgerfahrt noch Coventry. Foto: Nagelkreuzgemeinschaft

Vom 27. bis 30. Mai 2025 fand die diesjährige Frühjahrs-Pilgerfahrt zur Kathedrale von Coventry statt – mit Teilnehmer:innen aus der Kirchengemeinde Stade, den Stadtkirchengemeinden Kassel und Hanau, der [Link->Stadtkirche Darmstadt] und der [Link->Stadtkirche Pforzheim] sowie aus Gemeinden in Brisbane (Australien), Los Angeles, Bristol und von der Organisation „Embrace the Middle East“. Leitungskreismitglied Christian Roß berichtet von einer intensiven Reise mit geistlichen Impulsen, Gesprächen über Versöhnung und vielen Begegnungen an einem Ort, der für unsere Gemeinschaft eine besondere Bedeutung hat.

Unsere Reisegruppe aus der Region Südwest ist bereits am Montagnachmittag in Coventry angekommen, und wir haben beim Abendessen erste Kontakte mit einer Pfarrerin aus Australien geknüpft. Den etwas verregneten Dienstag nutzten wir zu einem Besuch in Coventrys Transportmuseum, das die Geschichte Coventrys als Mobilitätszentrum erzählt und Einblicke in die Produktion von Fahrrädern und Autos gibt. Natürlich sind auch die Zerstörung und der Wiederaufbau der Stadt ein wichtiges Thema innerhalb des Museums – das hat uns auf die Tage in der Kathedrale eingestimmt.

Am Dienstagabend startete die Pilgrimage mit der Begrüßung, einem gemeinsamen Abendessen und einer Komplet. Im Laufe der kommenden Tage gab es ein dichtes und inspirierendes Programm. Es begann jeweils früh morgens um 8.30 Uhr mit dem Morgengebet und der Abendmahlsfeier.

Am Mittwoch erhielten wir eine Führung durch die Ruine der alten Kathedrale und durch die neue Kathedrale – in einer deutschsprachigen und einer englischsprachigen Gruppe. Wir lernten die besondere Architektur des Ensembles auf dem Kathedralhügel kennen und erfuhren viel über die Geschichte des Ortes, seine Kunstwerke und die ihnen innewohnende Geschichte von Tod und Auferstehung, von Zerstörung, Versöhnung und Wiederaufbau.

Dean John ging in seinem Vortrag zunächst auf die Versöhnungsarbeit an der Kathedrale ein, erläuterte ihre Grundsätze, Werte und Haltungen und stellte einige konkrete Versöhnungsprojekte und Initiativen der Kathedrale vor.

Es war beeindruckend zu sehen, wie die Kathedrale ausgehend von ihrer Geschichte von Zerstörung und Wiederaufbau ihre tägliche Arbeit lebt. Es wurde deutlich, welch transformative Kraft und kreative Energie aus der Ausrichtung auf diese Geschichte erwächst. Inspirierend war auch, mit welcher inneren Haltung alle Mitarbeiter:innen an der Kathedrale sich der Arbeit widmen. Deutlich spürbar war für uns alle der erste Grundsatz „Hospitality – Gastfreundschaft“, der alle Aktivitäten der Kathedrale als wichtigster Wert prägt – dicht gefolgt von Spiritualität und Gebet.

Auf die Vorstellung der Arbeit der Kathedrale folgte ein Gespräch über die biblischen Grundlagen der Versöhnungsarbeit und darüber, was Versöhnung eigentlich bedeutet. Es entspann sich auch eine Diskussion darüber, ob wir in der Nagelkreuzgemeinschaft eigentlich Pazifisten sein sollten oder uns als Friedensstifter betrachten. Dean John erklärte seine Haltung dazu: Friedensstifter zu sein, aber kein Pazifist – wie er es schon in seiner bemerkenswerten Predigt nach der Reise nach Odessa ausgeführt hatte. Auch diese Haltung begründete er aus der Geschichte und der Erfahrung der Kathedrale heraus.

Inhaltliche Arbeit an Versöhnungsthemen. Foto: Nagelkreuzgemeinschaft

Schließlich war nachmittags Platz für die Vorstellung der anwesenden Gemeinden und Werke, bevor der Tag mit einer gemeinsam gesungenen Komplet in deutscher Sprache nach lutherischer Tradition in der Kapelle „Christ the Servant“ endete.

Ein besonderer Dank sei schon hier den beiden Interns Constanze und Alwine ausgesprochen, die alles kompetent ins Deutsche bzw. Englische übersetzt haben, sodass auch Menschen, die im Englischen nicht so fit sind, gut folgen konnten.

Der Donnerstagmorgen war dem Schulnetzwerk ICONS gewidmet, und Alwine gab uns Einblicke in die Arbeit und die Programme, die Schulen im Versöhnungsnetzwerk zur Verfügung gestellt werden. Außerdem erfuhren wir Näheres zur Struktur, Organisation und Arbeit der weltweiten Nagelkreuzgemeinschaft von der Koordinatorin Alice Farnhill.

Mittags besuchten wir gemeinsam den Festgottesdienst zum Himmelfahrtstag in der Kathedrale.

Der Nachmittag war einem Pilgerweg über den Hilltop gewidmet, auf dem wir über Fragen von Krieg und Frieden und unsere Arbeit der Versöhnung anhand verschiedener Stationen meditiert haben. Wir besuchten gemeinsam mit dem Canon für Worship und Welcome, Nitano Muller, die Überreste der mittelalterlichen Abtei, die Trinitatiskirche, die Ruine der alten Kathedrale und endeten wiederum in der neuen Kathedrale.

Am Abend hatten wir dann noch die Gelegenheit, bei einer Probe der Glöckner im Turm der alten Kathedrale zuzuschauen. Das war etwas ganz Besonderes, denn die neun Glocken werden von Hand geläutet – und das auf eine sehr spezielle Art, die nur in England gepflegt wird. Eine Gruppe aus sieben Personen – vom Jugendalter bis ins Rentenalter – probte verschiedene Melodien und Läuteschemata. Ein besonderes Erlebnis!

Der Abschluss am Freitag war konkreten Fallstudien in der Versöhnungsarbeit gewidmet und wurde von David Porter geleitet, der lange Zeit Canon of Reconciliation in Coventry war. Auf beeindruckende Weise haben wir hier Versöhnungsarbeit im Kleinen wie im Großen besprochen: „Act local, think global“ – das war eine wichtige Erkenntnis dieses Vormittags. Mit einem gemeinsamen Mittagessen und der Verabschiedung endete eine intensive und inspirierende Zeit an der Kathedrale.

Neben dem umfangreichen Programm der Pilgrimage war natürlich auch der Austausch unter den Teilnehmer:innen in den Pausen, beim gemeinsamen Essen oder abends im Pub ein wertvoller Teil der Woche in Coventry!

Unsere Südwest-Reisegruppe ist erst am Samstag zurückgeflogen, sodass wir am Freitag noch Zeit für den Besuch der Herbert Art Gallery hatten und am Samstagvormittag noch das große Event mit vielen historischen Oldtimern in der Stadt erleben konnten. Hier wurden bei bestem Wetter auf allen Plätzen der Innenstadt und sogar innerhalb der Ruinen der Kathedrale private Oldtimer ausgestellt. Auch das versteht die Kathedrale unter Gastfreundschaft!

Ein Interview mit Teilnehmer Ingo Mörl lesen sie hier. Die nächste Pilgrimage findet vom 12. bis 15. November 2025 statt. Für Bewerber um ein Nagelkreuz ist die Teilnahme obligatorisch.

Autor: Christian Roß

 

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