Versöhnung braucht Erinnerung: Regionaltreffen Nord in Demmin

Garten der Erinnerung in Demmin (Foto: Robert Fingerloos)
Am 22. März 2025 traf sich die Region Nord in Demmin. Eingeladen hatte die Evangelische Kirchengemeinde. Im Mittelpunkt der Begegnung stand das Thema „Frieden und Versöhnung“ – in einer Stadt, die selbst auf erschütternde Weise mit den Folgen von Krieg und Gewalt verbunden ist. Gemeinsam mit Gästen aus den Nagelkreuzzentren der Insel Hiddensee, Rostock, Stralsund, Kiel und Hamburg wurde an Demmins schwierige Geschichte erinnert – und über aktuelle Versöhnungsarbeit gesprochen.
Zum Auftakt wurde im Sexagon des Elsa-Brändström-Hauses der Film „Eine Stadt bricht ihr Schweigen“ (1995) der Fernsehjournalistin Ingelis Gnutzmann gezeigt. Der Film dokumentiert die langjährige Sprachlosigkeit in Demmin über die Geschehnisse der letzten Kriegstage und lässt erstmals Zeitzeugen zu Wort kommen, die über den Massensuizid von mehreren Hundert Menschen im Mai 1945 berichten. Auslöser waren damals unter anderem die Angst vor Racheakten der heranrückenden sowjetischen Truppen sowie das verbreitete Gefühl von Ausweglosigkeit nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes.

Regionaltreffen in Demmin (Foto: Robert Fingerloos)
Im anschließenden Gespräch tauschten die Teilnehmer ihre Eindrücke zum Film und ihre Gedanken zu den Ereignissen im April und Mai 1945 aus. In dieser Zeit kam es in Demmin zum größten Massensuizid in der Endphase des Zweiten Weltkriegs. Vor dem Einmarsch der Roten Armee zerstörten deutsche Truppen die Brücken über die Peene. In der Folge brach Panik unter der Zivilbevölkerung aus, die von Gerüchten und Erinnerungen an frühere Gräueltaten geprägt war. Hunderte Menschen – darunter ganze Familien – nahmen sich das Leben, meist durch Ertrinken oder Gift.

Stadtführung mit Kathrin Werner (Foto: Robert Fingerloos)
Nach einer gemeinsamen Mahlzeit mit selbstgekochten Suppen führte Frau Dr. Kathrin Werner, Historikerin und Geschichtslehrerin am Gymnasium in Demmin, die Gäste sowie interessierte Demminer:innen durch die Stadt. Auch hier stand die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Kriegsendes im Mittelpunkt. Eine Station war der „Garten der Erinnerung“ nahe des Hanseviertels. Die schlichte Gedenkstätte wurde auf Initiative von Bürgerinnen und Bürgern geschaffen und erinnert an die Toten vom Frühjahr 1945. Sie ist ein Ort des stillen Gedenkens und der Mahnung.
Beim anschließenden Kaffeetrinken im Gemeindehaus berichtete Arne Bölt aus Rostock, Ansprechpartner der Region Nord, über aktuelle Versöhnungsprojekte. Er wird am 6. Mai im Rahmen der Veranstaltungsreihe *Demmin ist mehr* erneut in Demmin zu Gast sein. Den Abschluss des Tages bildete ein Friedensgebet, das von Pastorin Frau Voll in der Taufkapelle der St. Bartholomaeikirche geleitet wurde.
Autor: Robert Fingerloos